Der Schritt in richtiger Richtung

 

Ich ging vorüber gehend in einer Psychatrie, weil ich dort besser aufgehoben bin, als irgendwo anders. Ich lernte dort liebe Menschen kennen, die sich noch heute nach mir erkundigen. Ich stehe mit vielen von denen noch heute in Kontakt. Erst in dieser Klinik lerne ich das Wort "Freundschaft" neu kennen. Ich wartete auf eine bestätigung von der Klinik in Bad Bodenteich. Wann ich dort endlich hin gehen kann. Ich wartete schon seit Wochen auf eine Nachricht. Bald darauf bekam ich die lang ersehnten Nachricht. Es ging los.

 

Ich wusste, dass ich mich mit 39,8 kg in einem tödlichen Bereich bewegte. Magersucht kann immer tödlich enden, egal wie viel Gewicht man letztendlich hat, doch es gibt gewisse Gewichtsgrenzen, bei denen das Todesrisiko enorm ansteigt. In diesen Bereich war ich nun gekommen.

Dies war ein Zeitpunkt indem ich mir selbst sagte: „Allein schaffst du das nicht mehr". Ich brauchte profesionelle hilfe. Ich war froh, dass es endlich nach Bad Bodenteich losgehen kann. Menschen die auf diesem Gebiet ahnung haben und mir helfen können.

Ich ging nach Bad Bodenteich. Dort wurden erst einmal Untersuchungen von meinem Blut gemacht. Bei einem Körpergewicht von 39,8 kg fehlte mir erstmal NICHTS außer das was ich eh schon wusste.Meine Blutwerte waren soweit es geht Ok und meine Organe funktionierten ebenfalls einwandfrei. Ich war erleichtet als sie sagten, dass man alles wieder in den griff bekommen kann.

Dort nahm ich rasch an Gewicht zu. Die 50-Kilo-Grenze bereitete mir große Schwierigkeiten. So lange schon hatte ich keine 5 mehr vorne stehen sehen. Wie würde es werden? Würde ich wieder durchdrehen und abnehmen wollen???

Mein Freund bestärkte mich und nahm mir diese Angst. Immer wieder sagte er mir, dass ich früher viel hübscher war, als ich noch mehr wog. Ich glaubte ihm jedoch kein Wort. Trotzdem schaffte ich es die magische 5 zu überwinden und es war nicht so schlimm wie ich dachte.
Es fühlte sich zwar komisch an, doch es war nur eine Zahl. Nichts anderes als eine Zahl!

Seit ich diese Hinderniss überwunden hatte ging es Berg auf mit mir. Mein Körper hatte sich wieder an Nahrung gewöhnt und nahm alle Nährstoffe auf. Mein körperliches Gesundheitsbild wurde von Tag zu Tag besser, doch der Kopf kam nicht so schnell hinterher. Meine Psyche hilt das alles nicht aus und machte ein Schritt nach hinten. Ein Schritt in die falsche Richtung. 9 Wochen hilt ich es dort in der Klinik aus, bis ich ein 4 Tagesausflüg in der Geschlossenenabteilung machen musste. Dort entlassen wurde ich auch von Bad Bodenteich in beider einverständniss Entlassen.
Viele Wege führen nach Rom.

Und ich bin bekannt dafür das ich längere Wege in kauf nehme.

Trotz meiner Gewichtszunahme verspürte ich keine freude am zunehmen. Ich bemerkte nur, was ich alles wieder machen konnte. Fußball oder Volleyball spielen. Nette Gespräche führen, die auch mal länger als eine Stunde gehen. Das alles machte mich schon ein wenig stolz. Doch mein Weg ist an dieser Stelle noch nicht zu Ende.

 

Ich warte auf eine neue Klinik die spezialisiert ist auf Traumabewältigung.

Der Weg ist noch lang.

 

Ich konnte nicht jedes Detail meiner Krankheit beschreiben, selbst wenn ich wollte. Vieles habe ich verdrängt, vergessen und über manches will ich nicht berichten. Ich will anderen bloß einen kleinen Einblick in die Denkensweise und die Gefühlswelt einer Magersüchtigen geben, um sie besser zu verstehen und um Mut zu machen.